Am 02.10.2021 in die Weinheimer Bucht bei Alzey? Ja, richtig gelesen, in die Weinheimer Bucht bei Alzey. Heute eine Hügellandschaft mit einem Rebenmeer, vor 36 Mio. Jahren eine Meeresbucht mit Sand- und Kiesstränden, Brandungsfelsen, Haien, Rochen, Seekühen, Mollusken (Muscheln, Schnecken), Korallen, Armfüßer, Moostierchen, Seeigel, Foraminiferen und Muschelkrebsen. Heute noch sind die Rochenspuren an den Vertiefungen im Sand zu erkennen, ausgefüllt mit Feinsand. Bei einer Vorexkursion haben Michael Leible, Axel Cordier und Matthias Kroner die Wanderstrecke festgelegt.

Das Rotliegend war die Übergangsphase in einem Klimawandel vom heiß-feuchten Karbon zum trocken-heißen Zechstein, in dem Unwetter mit Sturzfluten und Wadi-Ablagerungen eine aus Flüssen und Seen geprägte Landschaft formten, die vulkanischen Erhebungen des Donnersberg durch Erosion abtrugen und zu Ablagerungen in Seen führten. Deren Überlagerung und Kompaktion führten zu hellbraunen, mit Limonit (Eisenoxid) gebänderten Sandsteinen und mit Quarz- und Feldspatkörnchen bestehenden Arkosen. Sie sind als Baumaterial unter dem Namen „Flonheimer Sandstein“ bekannt. Weiterhin wurden Sand,-Schluff, und Tonsteine gebildet, dazwischen Vulkanitgesteine (Andesit) mit verkieselten Vulkanaschentuffen, die als Donnersberg-Formation bezeichnet werden. Auch die Achatbildung setzte ein: Hohlräume in erstarrten Laven wurden mit Mineralien auf Basis von Siliziumdioxid und farbgebenden Schwermetallionen ausgefüllt.

Im Oligozän vor 36 Mio. Jahren hatte sich aufgrund von weitreichender Erdkrustenbewegungen (alpidische Orogenese mit Bildung der Alpen, Pyrenäen, Karpaten, Kaukasus, Himalaya) und einer beginnenden Vereisung der Erde an den Polen der Oberrheingraben incl. des Mainzer Beckens abgesenkt. Die ganze Region war von einem subtropischen Meer geflutet, vergleichbar dem heutigen Mittelmeer. Dieses Meer hatte durch die Niederhessische Senke und den Rhone-Graben Verbindung zu Ozeanen im Norden und Süden.

Schwarzwald, Odenwald und Harz wurden getrennt von den Vogesen, d.h. die Rheinebene wurde geflutet. So bildeten sich die Buchten bei Alzey und Köln. Auch das Alpenvorland (München) war geflutet.

Hier in der hessischen Schweiz verlief die ehemalige Küstenlinie mit Inseln, Halbinseln und Buchten. Der vulkanische Untergrund dieser Buchten stammte noch aus dem Perm. Die Weinheimer Bucht lag an der sogenannten Vorholz-Halbinsel.

Die Kreisgruppe Donnersberg der Pollichia traf sich zu einer ausgedehnten Exkursion, um die „Trift“, eine ehemalige Sandgrube und heute ein aufgeschlossener, versteinerter Meeresboden und das „Zeilstück“ ein hochenergetischer Bereich der damaligen Felsküste genauer zu erkunden. Dort sind die Wellen angebrandet und haben Strudellöcher geschaffen, dort sind auch Haifischzähne und Austern heute noch zu finden. Allerdings mit einem Zaun verschlossen. Offen zugänglich ist eine ehemalige Sandgrube bei Eckelsheim, wo auch noch Versteinerungen aus dieser Zeit gefunden werden können. Bei einer der Vorexkursionen konnte ein Haifischzahn gefunden werden.

Unser Mitglied Axel Cordier brachte Exponate aus seiner reichhaltigen Sammlung mit, die wir an dem Aussichtpunkt „Donnersbergblick“ bewunderten: Achate in allen Farben, versteinerte Fische, Haifischzähne, rundliche Eier aus mit Kalk verbackenem Sand (Konkretionen) eventuell mit Einschlüssen. Gemeinsam diskutierten wir mit Weinverkostung in den Weinbergen lebhaft die Vorgänge, die zur Bildung dieser Landschaften geführt haben.

Viele Jahre später, im Känozoikum (Erdneuzeit) hatte sich die Erdvereisung im Pleistozän (einsetzende Kaltzeit vor 2,4 Mio. Jahre) im Norden der Erde und in den Alpen derart ausgedehnt, dass nur ein relativ schmaler eisfreier Korridor zwischen skandinavischer (Grenze Lippe, Ems) und alpinischer Vergletscherung (Grenze Donau) übrigblieb und zu einer trockenkalten Mammutsteppe mit Gräsern, Kräutern und Zwergsträuchern wurde. Stürme und Fallwinde der Gletscher verfrachteten den pulverfeinen Löss (Schluff 0,063 – 0,002 mm und Feinsand) aus den trockenen Gletschermoränen an windstille Orte und bildeten bis zu 40 m mächtige äolische Ablagerungen. Charakteristisch waren kleine Schnecken an den Pflanzen der Mammutsteppe, die heute noch an einem Aufschluss im Löss bei Weinheim gut als Lössschnecken sichtbar sind.

Löss ist ein hochwertiges Substrat für die Landwirtschaft. Die Wurzeldurchdringung ist leicht. Löss hat eine große Oberfläche und unterliegt weiterer chemischen Verwitterung, so dass Mineralien ausgeschieden werden und das ist die Basis des heutigen Weinbaus.

Die ausgedehnte Exkursion fand bei einer zünftigen Brotzeit mit Handkäs, Spundenkäs und einer Schorle ein vergnügliches Ende. Im nächsten Jahr werden wir die Exkursion in die hessische Schweiz bei Flonheim fortsetzen, um die Andesit- und Sandsteinsteinbrüche sowie das Aulheimer Tal zu besichtigen. Natürlich mit einer Weinverkostung in den Weinbergen, versteht sich.

Fotos: Udo Weller

Text: Dr. Matthias Kroner

Exkursion der Pollichia Gruppe Donnersberg e.V. in die Weinheimer Bucht

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert